Familienzuwachs in der Spulwurmfamilie - Der Waschbärspulwurm (Baylisascaris procyonis)
Der Waschbär (Procyon lotor) stammt ursprünglich aus Nordamerika und breitet sich seit nunmehr 90 Jahren fast ungebremst in Deutschland und den umliegenden europäischen Ländern aus. So gehören die deutschen Populationen heute neben denen in den nordamerikanischen Ursprungsgebieten zu den größten der Welt.
Der Waschbärspulwurm ist ein Parasit, der im Darm von Waschbären lebt. Er profitiert von der Ausbreitung der Waschbären. Außerdem kommt der Waschbärspulwurm mit den sich ändernden klimatischen Bedingungen sehr gut zurecht. Dadurch wächst der Prädationsdruck (Druck durch Raubtiere) auf heimische Arten und es treten neue Gesundheitsrisiken auf.
Lebenszyklus
Der Darm eines ausgewachsenen Waschbären bietet, ohne dass der Waschbär dadurch nennenswert beeinträchtigt wäre, ca. 200 Spulwürmern ein Zuhause.
Diese produzieren Millionen von mikroskopisch kleinen Wurmeiern die mit dem Kot ausgeschieden werden.
Die Eier des Waschbärspulwurms können durch zu hohe oder zu niedrige Temperaturen in ihrer Entwicklung gestört oder ganz abgetötet werden und somit nicht das für weitere Wirte – Mensch, Nutz- und Haustiere – infektiöse Stadium erreichen. Solche extremen Bedingungen werden jedoch meistens nicht erreicht, denn die meisten europäischen Winter bieten keine ausreichende Kälteperiode mehr und auch in heißen Sommern werden punktuelle Temperaturen von über 60 Grad, die zur Abtötung der Eier führen könnten, quasi nicht oder nur sehr selten erreicht.
Aus den Eiern des Waschbärspulwurms entwickeln sich innerhalb weniger Tage bis Wochen ansteckende (infektiöse) Larvenstadien. Im Darm ihrer Wirte schlüpfen die Larven aus den Eiern. Nur im Darm von Waschbären entwickeln sich die Larven zu geschlechtsreifen erwachsenen (adulten) Spulwürmern. Bei den anderen Wirten durchdringen Sie die Darmwand und nisten sich in unterschiedlichen Organen oder Gewebe einnisten. Nisten sie sich im Nervensystem, Gehirn oder den Augen ein, können die Organe schwer geschädigt werden. Es können Lethargie, Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen folgen. Bei stärkerem Befall ist auch der Tod des Wirtstieres möglich. Genauso können aber auch größere Haustiere und Säugetiere den Befall folgenlos überstehen.
Die unterschiedlichen Kreisläufe
Im folgenden möchte ich kurz auf die unterschiedlichen Kreisläufe eingehen, die ein infiziertes Ei nehmen kann.
Waschbär - Waschbär
Scheidet der Waschbär ein Ei aus, entwickelt es sich über mehrere Stadien (s.o.) zum Larve-2 Stadium. Nimmt der Waschbär dieses Stadium oral (durch den Mund) auf, entwickelt es sich zur Larve 3 und 4 und dem erwachsenen (adulten) Waschbärspulwurm. Ein adulter weiblicher Waschbärspulwurm scheidet pro Tag zwischen 115 und 179 Tausend Eier aus. Nun kann der Kreislauf von vorne beginnen.
Waschbär - Paratenischer Wirt - Waschbär
Bei paratenischen Wirten findet keine Entwicklung zu erwachsenen Endstadium statt, aber sie überbrücken eine ökologische oder trophische (ernährungsbedingte) Lücke im Lebenszyklus eines Parasiten. Nagetiere und Vögel sind paratenische Wirte für den Waschbärspulwurm.
Scheidet der Waschbär ein Ei aus, entwickelt es sich über mehrere Stadien (s.o.) zum Larve-2 Stadium. Nimmt der Wirt die Larve 2 auf entwickelt sie sich zur Larve 3, die sich in Gewebe und als neurale Larva migrans einkapselt. Frisst der Waschbär diesen Wirt, entwickelt sich die Larve weiter zur Larve 4 und dem adulten (erwachsenen) Waschbärspulwurm und der Kreislauf beginnt von neuem.
Waschbär - Alternativer Endwirt - Waschbär
Alternative Endwirte sind für den Waschbärspulwurm der Hund und andere Fleischfresser. Katzen scheinen für den Waschbärspulwurm wenig empfänglich zu sein.
Scheidet der Waschbär ein Ei aus, entwickelt es sich über mehrere Stadien (s.o.) zum Larve-2 Stadium. Nimmt der Wirt die Larve 2 auf entwickelt sie sich zur Larve 3 und 4 und bis zum adulten Stadium. Ein adulter weiblicher Waschbärspulwurm scheidet pro Tag zwischen 115 und 179 Tausend Eier aus.
Waschbär - Fehlwirt
Der Mensch ist Fehlwirt. Nach oraler Aufnahme der Larve 2 kommt es zur Wanderung und Abkapselung in inneren Organen, den Augen und Gehirn. Die Erkrankung ist damit eine Zoonose. Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die gleichermaßen bei Tieren und Menschen vorkommen und sowohl vom Tier auf den Menschen als auch vom Menschen auf Tiere übertragen werden können.
Was kann ich als Hundehalter tun?
- Grundsätzlich sieht man seinem Hund einen parasitären Spulwurmbefall nicht an. Regelmäßige Kotuntersuchungen im Abstand von 3 Monaten sind sinnvoll. Hunde, die auch Nagetiere oder Aas aufnehmen, sollten monatlich kontrolliert werden.
- Hunde mit Lethargie, Koordinations- und Gleichgewichts- und Sehstörungen sollten umgehend tierärztlich untersucht werden
- Eigenschutz: Händewaschen
Ist der Befall mit einem Waschbärspulwurm eine Zoonose?
Ja, die Erkrankung ist eine Zoonose. Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die gleichermaßen bei Tieren und Menschen vorkommen und sowohl vom Tier auf den Menschen als auch vom Menschen auf Tiere übertragen werden können.
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Quellen
Carsten Volkwein, CC BY-SA 2.5 via Wikimedia Commons
Publikation: Robin Stutz, Dorian D. Dörge, Anna V. Schantz, Norbert Peter, Sven Klimpel (2024): Environmental modulators on the development of the raccoon roundworm (Baylisascaris procyonis): Effects of temperature on the embryogenesis, International Journal for Parasitology: Parasites and Wildlife, Volume 5, https://doi.org/10.1016/j.ijppaw.2024.100997
US gov, Public domain, via Wikimedia Commons
Pixabay jggrz
Wikipedia "Waschbär" und "Waschbärspulwurm" zuletzt abgerufen 06.11.2024
Publikation: Robin Stutz, Dorian D. Dörge, Anna V. Schantz, Norbert Peter, Sven Klimpel (2024): Environmental modulators on the development of the raccoon roundworm (Baylisascaris procyonis): Effects of temperature on the embryogenesis, International Journal for Parasitology: Parasites and Wildlife, Volume 5, https://doi.org/10.1016/j.ijppaw.2024.100997