Wenn bei Ihrer geliebten Katze der Verdacht auf Feline Infektiöse Peritonitis, kurz FIP besteht oder die Diagnose FIP gestellt wird, werden Sie sehr schnell sehr viele Fragen haben. Nicht auf alle gibt es eine schnelle und vor allem nicht einfache Antwort. Die Erforschung dieser Krankheit ist aktuell in vollem Gang und es ergeben sich laufend neue Erkenntnisse.
VetServices will helfen Ihre Fragen zu beantworten, Ihnen Angst zu nehmen und sich zu informierten, denn die FIP ist nicht länger ein Todesurteil, sondern behandelbar!
Eine klinisch manifeste FIP führt ohne spezifische Behandlung binnen weniger Wochen zum Tod, vor allem jüngere Tiere mit der „feuchten Form“ haben ohne Behandlung eine geringe Überlebenszeit. 2018 konnte Niels C. Pedersen in einer Studie nachweisen, dass GS-441524, der Hauptmetabolit des humanen Medikaments Remdesivir bei FIP hochwirksam ist und die Katzen geheilt werden konnten. Diese Ergebnisse wurden am 13. Februar 2019 im Journal of Feline Medicine and Surgery (JFMS) veröffentlicht. In einer Münchner Studie aus dem Jahr 2021 konnten alle 18 Tiere mit diesem Wirkstoff geheilt werden, wobei sich der Wirkstoff als gut verträglich erwies.
FIP ist eine weltweit durch das Feline Coronavirus ausgelöste Infektionskrankheit, die ausschließlich Katzen (Felidae) befällt. Der Name leitet sich von der häufigsten klinischen Form, einer Bauchfellentzündung (Peritonitis) ab. Kommt es zu einer klinischen Erkrankung, endet diese unbehandelt in aller Regel tödlich. Erst seit 2016 bzw. 2018 gibt es zwei neue experimentelle Wirkstoffe (GC376 und GS-441524), die in mehreren Studien erfolgreich zur Behandlung von FIP eingesetzt wurden. Da diese Wirkstoffe nicht als Tierarzneimittel zugelassen sind, ist ihr Einsatz in der EU nach Art. 112 Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel nicht erlaubt und Tierärzte machen sich nach dem Arzneimittelgesetz bei Anwendung strafbar.
Die Ursache für die FIP ist ein hoch virulentes Coronavirus, das Alphacoronavirus 1, das heute als Felines Coronavirus (FCoV) bezeichnete wird. Bis Ende der 1990er Jahre wurde es in zwei verschiedene Viren unterteilt; gegenwärtig werden sie als Suptypen angesehen:
Das FCoV kommt weltweit vor, aber nur bei etwa 5–10 Prozent der infizierten, seropositiven Hauskatzen bricht die FIP-Erkrankung aus. Bezogen auf die gesamte Katzenpopulation hat die FIP eine Vorkommenshäufigkeit (Prävalenz) von 1–2 Prozent.
Die Inkubationszeit beträgt vermutlich bis zu vier Monate. Bereits am zweiten Tag nach der Infektion scheiden die Tiere das Virus über Kot, Nasensekret und Speichel aus. Die Virusausscheidung kann lebenslang anhalten. Die Übertragung des zunächst ungefährlichen Virus erfolgt vor allem durch Kontakt mit infiziertem Kot oder über verunreinigte Gegenstände. Auch eine Maul-zu-Maul- oder Maul-zu-Nase-Übertragung ist möglich. In der Umgebung ist das Virus bis zu eine Woche infektiös. Überdies können Menschen das Virus transportieren und auf die Katze übertragen. Oft infizieren virustragende Katzenmütter ihre Feten bereits während der Trächtigkeit. Die Übertragung der bereits mutierten Form spielt vermutlich keine Rolle bei der Verbreitung der Krankheit.
Prinzipiell sind alle Katzenarten und Altersgruppen für FIP empfänglich. Am häufigsten befällt die Erkrankung Tiere im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren und ältere Tiere ab 14 Jahren. Da wild lebende Katzen meist Einzelgänger ohne feste Kotplätze sind, sind Wildtiere deutlich seltener infiziert. Eingefangene verwilderte Hauskatzen sind zu etwa 10 Prozent seropositiv, nach wenigen Wochen in einem Tierheim dagegen fast 90 Prozent der Tiere. Bei Großkatzen sind ebenfalls besonders größere Bestände in Zoos gefährdet, Leoparden gelten als besonders empfänglich.
Die Entstehung der Erkrankung ist bislang nicht vollständig geklärt. Die Mutation der zunächst harmlosen FCoV-Variante in die sogenannten „FIP-Viren“ erfolgt im Darm und kann Jahre nach der Infektion erfolgen. Mit der Mutation erlangt das Virus die Fähigkeit, sich an Ribosomen der Fresszellen des Abwehrsystems (Monozyten und Makrophagen) zu binden und sich in diesen zu vermehren (Replikation). Durch die Virusvermehrung kommt es zum Zerfall der Fresszellen und die freiwerdenden Viruspartikel werden von anderen Fresszellen aufgenommen, wodurch sich das Virus im Körper ausbreitet. Durch die Abgabe von Zellbotenstoffen kommt es zur Aktivierung der die Blutgefäße auskleidenden Zellen (Endothelzellen) und damit zu einer Entzündung. Bestimmte Zellbotenstoffe führen auch zum Zelltod weiterer Abwehrzellen wie den Lymphozyten. Die nichtmutierte Variante vermehrt sich dagegen vorwiegend in den Darmepithelzellen des Leerdarms.
Man nimmt heute an, dass ob und in welcher Form die Krankheit letztendlich auftritt, vom Immunstatus des Einzeltieres abhängig ist. Bei einem Teil der Tiere bricht die Erkrankung trotz erfolgter Virusmutation aufgrund einer starken zellvermittelten Immunreaktion nicht aus. Das Immunsystem ist dadurch in der Lage, die infizierten Blutzellen unter Kontrolle zu halten. Diese Tiere bleiben ohne klinische Symptome, scheiden aber als latente Virusträger dieses weiter aus. Bei einem Teil der Tiere wird auch eine vollständige Viruselimination vermutet, wodurch sie allerdings für Neuinfektionen wieder empfänglich sind.
Klinisch erkennbar wird eine FIP vermutlich erst bei Störungen des Immunsystems, z. B. durch Stress oder andere Erkrankungen, die zu einer stärkeren Virusvermehrung im Darm führen. Einen Einfluss auf die Pathogenese hat die Bildung von Antikörpern, denn diese können das Virus nicht neutralisieren. Mit vermehrter Antikörperbildung werden auch vermehrt Makrophagen aktiviert, in denen es damit zu einer weiteren Virusvermehrung kommt. Das Paradoxon, dass die eigentlich zur Bekämpfung der Krankheitserreger gebildeten Antikörper zu einer Verschlimmerung der Krankheit führen („antikörperabhängige Verstärkung der Virusinfektion“, engl. antibody-dependent enhancement), wird auch bei Viruskrankheiten des Menschen (z. B. AIDS, Denguefieber) beobachtet. Dieses antibody-dependent enhancement spielt aber vermutlich nur bei experimentellen Infektionen eine Rolle.
Die Erkrankung wird in zwei Hauptformen, „feuchte“ und „trockene Form“, untergliedert. Dabei sind die Grenzen zwischen beiden Hauptformen fließend und nahezu jedes erkrankte Tier zeigt Komponenten beider Erscheinungsformen, von denen eine temporär dominieren kann. Die Unterteilung in feuchte und trockene Form ist strenggenommen eine Beschreibung der makroskopischen Befunde. Mikroskopisch bilden beide Formen meist ein identisches Bild aus. Daher wird die strikte Untergliederung in der neueren Literatur zunehmend als veraltet betrachtet.
Bei einer schwachen zellvermittelten Immunantwort kommt es zu einer anhaltenden Virusvermehrung im Blut (Virämie) und zur massiven Bildung von Immunkomplexen, zur Aktivierung des Komplementsystems und von Fresszellen (Makrophagen). Dies führt zu einer Blutgefäßentzündung (Vaskulitis) und zu einer lymphoplasmazellulären Perivaskulitis (durch Lymphozyten und Plasmazellen gekennzeichnete Entzündung in der Umgebung der Blutgefäße) der serösen Häute, die zu einem Gewebsuntergang (Nekrose) führt.
Einige Autoren sind allerdings der Meinung, dass es sich bei den Veränderungen um eine echte granulomatöse Vaskulitis und Perivaskulitis, also eine durch Fresszellen dominierte Entzündung der Gefäße und deren Umgebung handelt. Die lymphoplasmazelluläre Perivaskulitis stellt dann ein Spätstadium dar. Makroskopisch stellen sich diese Entzündungsherde als weißliche Knötchen dar. Durch die Entzündung kommt es auch zu einem Austritt von Serum und Proteinen in die Körperhöhlen und zu Fibrinablagerungen auf inneren Organen.
Bei der „trockenen Form“ dominieren größere Knoten, die vorwiegend innerhalb der Organe entstehen. Es handelt sich dabei um verschmolzene Entzündungsherde, die wie bei der feuchten Form aus einer Vaskulitis/Perivaskulitis entstehen. Sie werden gelegentlich auch als „granulomatöse“ Veränderungen bezeichnet, es handelt sich aber nicht um eine echte granulomatöse Entzündung. Die Flüssigkeitsaustritte sind bei dieser Form nicht anzutreffen. Man nimmt an, dass sich diese Form bei einer weniger stark geschwächten zellvermittelten Immunantwort entwickelt und sie eine mildere, protrahierte Verlaufsform darstellt. Sie macht etwa 17 Prozent der FIP-Fälle aus, allerdings ist hier aufgrund der schweren Diagnostizierbarkeit (s. u.) mit einer erheblichen Dunkelziffer zu rechnen.
Katzen die klinisch an FIP erkranken zeigen als erstes meistens eine verminderte Futteraufnahme (Anorexie) und beginnen abzumagern. Dazu gesellt sich ein wiederkehrendes, behandlungsresistentes Fieber.
Die weiteren Symptome sind von der Form der Ausprägung abhängig, wobei fließende Übergänge zwischen beiden Formen auftreten können.
Die „trockene Form“ äußert sich in knotigen Veränderungen, vor allem im Bauchraum, aber auch das Gehirn, die Augen, die Organe der Brusthöhle oder lediglich die Haut können betroffen sein. Je nach Organlokalisation können Gelbsucht, Augenerkrankungen (Uveitis, Hornhautveränderungen „Hammelfettpräzipitate“, Blutungen oder Fibrinansammlungen in der vorderen Augenkammer, Retinitis, Blutarmut oder neurologische Erscheinungen (Krämpfe, Anfälle, Orientierungslosigkeit, Augenzittern, Lähmungen) auftreten.
Folgende labordiagnostische Testmethoden sind möglich:
Eine Kombination verschiedener Verfahren erhöht die diagnostische Aussagekraft!
Eine Bestimmung der durch Hämolyse freigesetzten Lactatdehydrogenase (ein Enzym, das Laktat in Pyruvat umwandelt) kann einen weiteren Hinweis auf die Erkrankung geben, ebenso die die Bestimmung der bei Katzen meist durch FIP verursachten Erhöhung des Bauchspeicheldrüsenenzyms alpha-Amylase.
Während ein Antigennachweis im Erguss als beweisend gilt, ist die „trockene Form“ nur schwierig nachzuweisen. Die Nachweismethoden 4–8 sind ebenfalls möglich, allerdings gilt bislang nur der pathohistologische Nachweis als aussagekräftig für das Vorhandensein der FIP. Dabei ist der immunhistochemische Antigennachweis an formalinfixiertem Gewebe sensitiver als an frischem Gewebe.
Es gibt FIP-Katzen ohne jegliche Veränderungen dieser Parameter als auch Tiere, die trotz markanter Abweichungen dieser Parameter keine FIP haben. Ein Nachweis der Antikörper in Gewebsproben (Bioptat) von Lunge, Leber, Niere und Lymphknoten gilt als beweisend, es gibt aber Kreuzreaktionen mit der harmlosen FCoV-Variante und anderen Coronaviren (Canines Coronavirus, TGE-Virus), für die Katzen zwar prinzipiell empfänglich sind, aber die keine FIP auslösen. Ein PCR-Virusnachweis in Geweben ist ebenfalls kommerziell erhältlich.
Seit 2012 gibt es eine Nachweismethode, die eine eindeutige molekularbiologische Charakterisierung der beiden Coronavirus-Varianten verspricht. Hierbei werden mittels PCR Mutationen in zwei Spike-Proteinen nachgewiesen, die mit der mutierten Variante und damit der FIP in direkter Beziehung stehen. Dieser Test ist seit 2013 auch kommerziell verfügbar und kann an Punktaten von Ergüssen, Liquor cerebrospinalis und Kammerwasser sowie an EDTA-Blut erfolgen.
Bei der recht typischen feuchten Form müssen andere Ursachen für eine Bauchwassersucht und/oder einen Pleuraerguss ausgeschlossen werden. Hierzu zählen vor allem:
Ein Großteil dieser Erkrankungen kann aufgrund des hierdurch bedingten relativ geringen Proteingehaltes des Ergusses (Transsudat) sowie durch das Fehlen von Tumorzellen oder Bakterien recht einfach ausgeschlossen werden.
Bei therapieresistentem Fieber oder knotigen Veränderungen:
Feline Leukämie
Immundefizienzsyndrom der Katzen
Panleukopenie
Lymphosarkome
Yersiniose
Tyzzersche Krankheit
Eine klinisch manifeste FIP führt ohne spezifische Behandlung binnen weniger Wochen zum Tod, vor allem jüngere Tiere mit der „feuchten Form“ haben eine geringe Überlebenszeit. Die mittlere Überlebenszeit beträgt neun Tage, 95 Prozent der erkrankten Tiere sterben innerhalb eines Jahres. Es kann also eine von 20 Katzen durchaus noch länger als ein Jahr leben, so dass eine Einschläferung nicht unmittelbar angezeigt ist.
FIP ist jedoch mittlerweile heilbar.
Bei der Studie von Niels C. Pedersen aus dem Jahre 2018 wurde an 31 Katzen das antivirale Mittel GS-441524 eingesetzt, dem eigentlich wirksamen Hauptmetabolit von Remdesivir. Dieser Feldversuch zeigte, dass das chemisch weniger komplexe 'GS-441524' hochwirksam war und dass sich damit vielversprechende Behandlungserfolge bei Katzen mit natürlich vorkommender FIP zeigten. Diese Ergebnisse wurden am 13. Februar 2019 im Journal of Feline Medicine and Surgery (JFMS) veröffentlicht. In einer Münchner Studie aus dem Jahr 2021 konnten alle 18 Tiere mit diesem Wirkstoff geheilt werden, wobei sich der Wirkstoff als gut verträglich erwies.
Hauptproblem der Behandlung mit GS-441524 ist, dass dieser Wirkstoff in der EU nicht zugelassen ist. Die Einfuhr ist daher nach § 96 Nr. 4 AMG eine Straftat, so dass niedergelassene Tierärzte diese Behandlung nicht durchführen dürfen.
Unterstützend zur Behandlung mit GS-441524 ist die Verminderung des Infektionsdruckes innerhalb des Haushalts oder des Bestandes. Das Prinzip besteht darin, die potentiell krankmachenden FCoV-Viren lediglich so weit wie möglich auszudünnen und ist mit einfachen hygienischen Methoden bereits durchführbar. Als mögliche Maßnahmen werden empfohlen:
Nilses, Public domain, via Wikimedia Commons
Kalumet, Phrood, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Kalumet, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Uwe Gille, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
# Feline Infektöse Peritonitis
# Infektionskrankheit
# Katzenkrankheit
2023
Wikipedia, zugeletzt abgerufen 20.06.2023
2021
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